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06.09.2019
Wenn ich als Niederösterreicherin zu reden beginne, halten mich die Wiener für eine Waldviertlerin, die Kärntner für eine Wienerin und die Vorarlberger für eine Deutsche. Es ist also nicht ganz einfach, sich in Österreich nachhaltig verständlich zu machen – nicht einmal für uns Einheimische untereinander.
Die Vorarlberger im Westen etwa verstehen uns Ostösterreicher ganz genau (wollen aber nicht immer), sehen dabei aber nicht selten ein wenig auf das in ihren Ohren vermeintliche „Hochdütsch“ (also Hochdeutsch) herab. So richtig hochdeutsch reden die Wiener aber auch nicht (nicht mal mehr am Burgtheater), vielmehr eine Art Umgangssprache, die jedoch zwischen den Wiener Bezirken und dem Umland sehr stark variieren kann.
Ein Wiener Kaffeehaus betritt man am besten mit einem lauten und höflichen Grüß Gott - so ist man immer auf der sicheren Seite.
Umgekehrt verstehen die Ostösterreicher die Kollegen aus dem Ländle nur selten wirklich. Oft können wir nur vermuten, was gemeint sein könnte. Von den Steirern sagt man, dass sie beim Reden gerne „bellen“, aber verstanden werden sie von den Österreichern aller Landesteile. Der Kärntner Dialekt soll der sympathischste sein, allein das hält mich auch nicht davon ab, meiner Schwiegermutter aus dem Oberen Drautal manchmal über ganze Sprechsequenzen hinweg phonetisch absolut nicht folgen zu können. Die Tiroler wiederum wirken aufgrund ihres betont herausgehusteten „KKK“ in den Ohren der meisten Menschen entzückend und vor allem nach hohen Bergen. Als echter Wiener (und für die Tiroler klingt alles ab Amstetten ostwärts nach „Wiener“) ist man aber in Tirol schneller unten durch als sonst was. Dagegen hilft oft nur: Mund halten.
Der Tiroler Dialekt ist beliebt - beim Zuhören. Zum Mitreden ist es schon schwieriger.
Ihr merkt schon, es ist nicht ganz einfach hier bei uns im Alpenland – das übrigens auch viele Flachstellen hat, nicht nur geografisch betrachtet. Zwischen dem Marchfeld oder dem Neusiedlersee im Osten sowie dem Bodensee und dem Bregenzerwald im Westen ist man zur Reisehochsaison schon mal so lange unterwegs wie von Wien ans Meer nach Kroatien, und irgendwo müssen diese Sprachbarrieren ja schließlich herkommen.
Wer inhaltlich nichts vom Gespräch versteht, kann sich aber immer noch aufs verbindlich Lächeln beschränken – vielleicht mit einem gelegentlichen „Aha!“ oder „Ah so?“ bereichert – sehr oft reicht das ohnehin als Gesprächsbeitrag.
Bei diesen Bergen muss man ja per Du sein.
Übrigens gilt in Österreich auch das „Busserln“ (auch bezeichnet als „Bussigeben“) als Kommunikations-Tool, das sehr schnell regionale Zuordnungen des Küssenden erkennen lässt. Denn im äußersten Westen küsst man – aufgrund der Nähe zur Schweiz – dreimal abwechselnd auf die Wangen des Gegenüber, je weiter man nach Osten gelangt, desto weniger hochfrequent wird gebusselt. In Wien wiederum ist man für die „Bussi-Bussi Gesellschaft“ berühmt – das würde jetzt aber zu weit führen. Kommen wir nun zu den einfacheren sprachlichen Grundformeln der österreichischen Kommunikation.
In Wien duzt man sich nicht einfach so, ohne einander zu kennen. 100 Kilometer westlich ist das schon eher der Fall.
„Nicht grüßen genügt nicht. Man grüßt auch Leute nicht, die man nicht kennt.“ Dieser Satz stammt natürlich vom Wiener Publizisten und Satiriker Karl Kraus, ist über 100 Jahre alt und trifft besonders in den städtischen Regionen der östlichen Hälfte Österreichs zu: Dort versteht man genau, was damit gemeint ist. Für alle anderen machen wir es simpler.
Die angewandte, umgangssprachliche Grußformel hängt zunächst davon ab, ob man per Sie oder per Du ist, befreundet oder nur verwandt, ob man im Osten, am Berg, am Land oder im Ländle wohnt. Mit einem einfachen „Guten Tag“ oder „Hallo“ ist es demnach selten getan. Da steckt ein bisserl eine Wissenschaft dahinter. Viel Erfahrung, Fingerspitzengefühl und ein Hauch von G´fühl braucht man auch dazu.
Grüß Gott, Servus, Baba - typisch für Wien. Egal wo in der Stadt.
Das bekannte „Servus“, das sich auch die österreichische Airline auf die Flügeln geheftet hat – das geht im Osten wie im Westen durch, wird verstanden und auch akzeptiert. Aber nur, wenn man per Du ist. Das ist somit ganz anders als im benachbarten Bayern, deren Redeweise ja oft mit der österreichischen verglichen und unverständlicherweise sogar verwechselt wird. Verwechseln kann man das bayrische mit dem österreichischen Idiom aber nur, wenn man KEIN Bayer oder Österreicher ist. Wobei sich auch Vorarlberger manchmal schwer tun, den bayrisch-deutsch und wienerisch-österreichischen Zungenschlag auseinanderzuhalten. Aber das hatten wir ja schon besprochen.
„Servus“ also geht, aber nur wenn man einander wirklich freundschaftlich verbunden ist. Dazu muss man sich bereits kennen oder in einem gemeinsamen gesellschaftlichen Umfeld verkehren, wo man automatisch per Du ist, ohne einander vorgestellt worden zu sein. So etwa Fitness-Clubs, Vereine oder schwedische Möbelhäuser.
Ähnlich simpel anzuwenden ist auch das universelle „Hallo“, wobei hier ebenfalls Abstriche gemacht werden müssen: Einerseits beim dadurch vermittelten Grad der Höflichkeit, denn ein rudimentäres „Hallo“ gilt nicht immer als business-like in Österreich. Zudem entbehrt es einer gewissen Akzeptanz bei Menschen, im besonderen Müttern über 60 – dazu ist es in deren Augen oft viel zu salopp und gar schleißig in der Anwendung. „Guten Tag“ würde sich demnach im Geschäftsleben durchaus anbieten, hat sich aber in Österreich nicht so durchgesetzt – es sei denn man verkehrt in internationalen Konzernkreisen und nimmt Rücksicht auf jene deutschsprachigen Kollegen, denen das österreichische „Grüß Gott“ zu gottesfürchtig und damit nicht akzeptabel klingt.
Damit wären wir beim typisch österreichischen „Grüß Gott“ gelandet, das von Ost bis West verwendet wird – sofern man noch nicht per Du ist – aber in gewissen Abstufungen und Dialektvarianten.
In den Landeshauptstädten - wie hier in Salzburg - geht ein höfliches Grüß Gott immer.
„Grüß Gott“ (per Sie) - das versteht und verwendet man in ganz Österreich. Verkehrt man freundschaftlich oder einfach im ländlichen Umkreis miteinander, kann man auch gerne „Griaß di“ verwenden. Dies gilt für jede Altersstufe und egal ob man einander schon mal gesehen hat oder nicht. Aber nur außerhalb der Landeshauptstädte, in Wien etwa unaufgefordert bei der Kasse zur Angestellten oder in der Bank „Griaß di“ zu sagen, wird wahrscheinlich sehr, sehr grantig aufgenommen werden.
Eine Stunde oder 100 Kilometer westlich oder südlich von Wien kann man aber unbehelligt im Supermarkt beim Einkaufen der Jause für´s Wandern zu allen „Griaß di“ sagen und wird wahrscheinlich auch so begrüßt worden sein. Dazu muss man sich nicht über 1000 Höhenmeter in den Bergen befinden, dort gilt nämlich sowieso immer und überall das „Du“.
In der Steiermark - wie hier im Gesäuse - ist man schnell per Du. Auch unter 1000 Höhenmetern.
„Griaß Di“ oder „Griaß Eich“ im Plural ist auch ein allgemein gültiges Grußidiom in Tirol, Salzburg und der Steiermark, natürlich in verschiedenen Lautausprägungen. „Griaß Ihna“ ist ein wenig verballhornt und eher die Version im Wien-nahen Speckgürtel Niederösterreich, wo man sich nicht ganz sicher ist: Freund oder Feind?
Auch „Grüße dich“ oder „Begrüße dich“ sind hievon akzeptable Abwandlungen. In Tirol wird das ganze noch mit einem kernigen „KK“ als „Griaß Enk“ angewandt. In Kärnten ähnlich, aber weniger kernig.
In Tirol - wie hier in Innsbruck - ist man für kernige K-Laute berühmt ...
„Tschüss“ war lange Jahre in Ostösterreich verpönt, dürfte jetzt aber an Akzeptanz gewonnen haben, seit sich die österreichischen Kids des „You Tube-Deutsch“ bedienen, das ein bisschen wie eine Mischung aus deutschen Fernsehmoderatoren, Popsongs und gekünsteltem Burgtheaterdeutsch klingt. Diejenigen, die es nutzen, aber sich immer noch ein bissl genieren, machen ein „Tschüssikovski“ daraus, was zwar jeder Sinnhaftigkeit entbehrt, aber (in Wiener Ohren oder grenznah zu Deutschland) vielleicht ganz lustig klingen mag.
Kommen wir zu den Spezialfällen, den exotischen Begrüßungsformeln aus Vorarlberg. Diese klingen auch in ostösterreichischen Ohren relativ befremdlich: „Heil“ oder „Heile“ wird in Vorarlberg problemlos von allen Altersklassen und zu allen Tageszeiten verwendet. Verstehen tun das aber nur die Tiroler, die ähnlich grüßen. Alle anderen Grußempfänger wirken beim ersten Mal eher verstört: Das muss aber nicht sein, denn Heil und Heile gab es lange vor und gibt es lange nach Hitler. Solange es nicht mit eindeutigen Handbewegungen verbunden ist, ist es eine ganz normale Grußformel. Als harmloser empfiehlt sich aber dennoch das joviale Vorarlberger „Hoi“.
In Vorarlberg sind die Grußworte manchmal etwas gewöhnungsbedürftig, dafür darf man dreimal busserln.
Und was sagt man in Österreich, wenn man sich verabschiedet? „Auf Wiedersehen“, „Wiederschaun“, „Pfiat Di“ oder „Pfiat Eich“ und „Pfiat Enk“ und das leidige „Baba“. Dieses „Baba“, das würde außerhalb von Wien übrigens keiner freiwillig sagen, es entbehrt leider überall einer Akzeptanz außer in der Bundeshauptstadt, auch wenn es in den Augen der deutschen Besucher charmant klingen mag.
„Servus“ sollte man nicht verwechseln mit „Na serwas“, ein Ausruf der nämlich Überraschung und auch Missmut ausdrückt, aber nichts mit einem Gruß zu tun hat. Ganz modern übrigens zur Zeit ist, sich mit „Alles Liebe!“ zu verabschieden, egal ob man einander zu Beginn des Gesprächs kannte oder nicht. Der Installateur, der letztens fünf Minuten für eine Kontrolle im Haus war, bediente sich mir gegenüber dieser Abschiedsworte. Da hätte mir schon „Habe die Ehre, gnä Frau“ viel besser gefallen – aber diese Zeiten sind leider längst vorbei.
Wer sich nun sprachtechnisch gerüstet für den nächsten Aufenthalt in Österreich fühlt, kann sich gerne in die Benimmregeln für Wien einlesen - viel Spaß! ;)